Die Wiedereröffnung
Töchter und Söhne einer neuen Zeit 1945 – 1965
Nach Kriegsende hebt die Tiroler Landesregierung durch Wiederherstellung der Landesverwaltung die nationalsozialistischen Rechtsvorschriften die Krankenpflegeschule betreffend auf. Mit der offiziellen Rückkehr der Krankenpflegeausbildung in das Vinzenzheim beginnt eine Zeit des Aufbruchs. Strukturelle Neuerungen, bauliche Veränderungen und eine Erweiterung des Ausbildungsspektrums stehen bevor.
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Ein Rückblick in Bildern
Ab 1945 steht das Internat im Vinzenzheim wieder den Schülerinnen der allgemeinen Krankenpflege zur Verfügung.
© AZW Archiv
Die zur Gründung der Krankenpflegeschule ausgearbeitete Rechtsgrundlage vom 25. Juni 1914, von den Nationalsozialisten für ungültig erklärt, tritt per Dekret des Gesundheitsamts des Landes vom 28. Juli 1945 wieder in Kraft. Am 1. Oktober 1945 beginnen die „Rebellen“, wie sich die Schülerinnen des ersten Kurses nach dem zweiten Weltkrieg selbst nennen, ihre Ausbildung.
Lehrpersonen und Schülerinnen des ersten Kurses in der Nachkriegszeit im Garten des Vinzenzheimes.
© AZW Archiv
Die Tiroler Landesregierung beschließt eine jährliche Landessubvention zur Abhaltung von regelmäßigen Krankenpflegekursen. Ein Schulgeld in der Höhe von 60 Reichsmark wird eingeführt, von dem jedoch ein Teil der Schülerinnen wegen Bedürftigkeit ausgenommen ist. Indes versucht man, durch Aufhebung des strikten Internatszwang Schülerinnen für den neuen einjährigen Säuglingspflegekurs an der Kinderklinik zu gewinnen.
Schülerinnen der Krankenpflegeschule mit Schuloberin Rosalia Müller.
© AZW Archiv
Ab 1949 gelten neue Aufnahmebedingungen gemäß dem 1. Österreichischen Krankenpflegegesetz: Über die Aufnahme in die Krankenpflegeschule entscheidet nun offiziell eine Kommission der Landesregierung, bestehend aus dem Sanitätsreferenten, dem ärztlichen Leiter und der Schuloberin. Nur österreichische Staatsbürgerinnen zwischen 18 und 30 Jahre sind als Anwärterinnen der Krankenpflege zugelassen.
Im Garten des Vinzenzheimes, 1947.
© AZW Archiv
Im Jänner 1947 geht die Betriebsführung des Krankenhauses und damit auch die Führung der Krankenpflegeschule von der Unterrichtsverwaltung (Bundesministerium) auf das Land Tirol über. Die im Vinzenzheim beschäftigten Schwestern werden in den Landesdienst übernommen, das Land Tirol übernimmt die Betriebskosten für das Schulgebäude.
Details aus der Blaupause der Aufnahmebedingungen der Krankenpflegeschule, 1951.
© AZW Archiv
Im Jahr 1951 beginnt zum ersten Mal ein dreijähriger Ausbildungskurs in der allgemeinen Krankenpflege. Im Sommer dieses Jahres besteht an den Tiroler Krankenhäusern großer Personalmangel. Zeitgleich startet daher eine großzügige Förderung der Innsbrucker Krankenpflegeschule, vor allem durch das Land Tirol. Erstmals wird auch die Aufnahme von externen Schülerinnen in die Innsbrucker Krankenpflegeschule (Kreuzschwestern) bewilligt.
1954 wird am Tiroler Landeskrankenhaus ein Kurs für Säuglings- und Kinderpflege eingerichtet.
© stadtarchiv innsbruck – Fedor V. Habermüller
Im Jahr nach dem Ankauf des Schulheimes durch das Land Tirol genehmigt das Bundesministerium für soziale Verwaltung 1954 die Einrichtung einer Spezialbildungsanstalt für Säuglings- und Kinderpflege am Tiroler Landeskrankenhaus. Eine Erweiterung des in die Jahre gekommenen Vinzenzheimes wird nicht zuletzt dadurch unbedingt notwendig.
Nach umfangreichen Modernisierungsarbeiten erstrahlt das Vinzenzheim wieder in neuem Glanz.
© AZW Archiv
Um Problemen wie Abwanderung nach der Ausbildung und den unwohnlichen Unterbringungsverhältnissen zu begegnen, beschließt die Verwaltung des Krankenhauses eine vollkommene Renovierung des Gebäudes. Um mehr Platz für die diensttuenden Krankenschwestern, das Internat und die Räumlichkeiten der Krankenpflegeschule zu schaffen, werden zwei Stockwerke aufgesetzt.
Im Zuge des Umbaus werden auch die Internatszimmer im Vinzenzheim rundum erneuert.
© AZW Archiv
Anstelle der großen allgemeinen Schlafsäle, in denen die Nachtruhe der Schwestern und Schülerinnen oftmals aufgrund des durch Schichtwechsel und Nachtdienste bedingten nächtlichen Kommen und Gehens beeinträchtigt wurde, werden kleinere Räume abgetrennt und als moderne Zimmer eingerichtet.
Der Lehrsaal der Krankenpflegeschule nach der Modernisierung in den 1950ern.
© AZW Archiv
Die Erweiterung der Krankenpflegeschule ist mit Baukosten von rund 4 Millionen Schilling nach dem Geldwert der Fünfziger Jahre ein gewaltiges Projekt. Unter Mitfinanzierung des Landes Vorarlberg kann der Umbau bereits im Herbst 1955 begonnen werden.
Trotz des Umbaus stoppt der Schulbetrieb nicht: Die im Internat wohnenden Schülerinnen werden für die Zeit des Umbaus in einer geräumigen Krankenstation der Medizinischen Klinik einquartiert, und der überlieferte, aber nicht gesetzlich fixierte Internatszwang wird für in Innsbruck wohnende Schülerinnen aufgehoben.
Die Küche im Vinzenzheim glänzt nach der Modernisierung in neuem Design.
© AZW Archiv
Auch die Küche und die Wirtschaftsräume des Vinzenzheimes werden rundum erneuert. Nach dem Umbau verfügt das Internat der Krankenpflegeschule im Vinzenzheim nun über 90 Internatsbetten für Schülerinnen der allgemeinen Krankenpflege und 20 Internatsbetten für Säuglings- und Kinderkrankenpflegeschülerinnen. Da der Bedarf an Diplomschwestern weiter stark ansteigt, werden nun an beiden Pflegeschulen ab 1956 vermehrt auch außerhalb wohnende Schülerinnen aufgenommen.
Vorlesung im Hörsaal der Anatomie an der Klinik.
© AZW Archiv
Im Jahr 1957 öffnet sich die bisher reine Frauenschule erstmals auch männlichen Pflegeschülern, da auf urologischen Männerabteilungen und psychiatrische Abteilungen ein dringender Bedarf an diplomiertem männlichen Pflegepersonal besteht.
Die Krankenpflegeschüler werden allerdings nicht im Schulgebäude, sondern in renovierten Kellerzimmern der Nervenklinik, der medizinischen Klinik und der Beobachtungsstation Sonnenstraße untergebracht.
Schülerinnen des 1954 gegründeten Kurses für Säuglings- und Kinderkrankenpflege.
© AZW Archiv – Fedor V. Habermüller
Neben der seit 1954 bestehenden Ausbildung der Säuglings- und Kinderkrankenpflege wird im Jahr 1958 ein dreijähriger Lehrgang für die psychiatrische Pflege eröffnet. Im Jahr darauf folgt 1959 ein zweijähriger Aufbaulehrgang für OP-PflegerInnen. Ein Wirtschaftsdienst mit Fortbildungskursen wird als Vorschule eingeführt, in der die Eignung von BewerberInnen für den Dienst am Kranken in der praktischen Arbeit beurteilt werden soll.
Schülerinnen der Krankenpflegeschule vor dem Portal des Vinzenzheimes, April 1959.
© AZW Archiv
Im Frühjahr 1959 herrscht Feierstimmung an der Krankenpflegeschule Innsbruck: Anlässlich des 40-jährigen Gründungsjubiläums findet am 30. April 1959 eine Schulfeier statt. Stolz werden die modernisierten Räumlichkeiten dabei nun auch der Öffentlichkeit präsentiert.
Schülerinnen beim Festessen anlässlich des 40-jährigen Jubiläums der Krankenpflegeschule Innsbruck.
© AZW Archiv Beim feierlichen Beisammensein im Vinzenzheim feiert man auch die bisherige Entwicklung der Krankenpflegeausbildung. Seit der Wiedereröffnung im Vinzenzheim 1945 hat sich einiges getan: Die Spezialisierungen im Pflegeberuf nehmen immer weiter zu und auch das Berufsverständnis befindet sich im stetigen Wandel.
PflegeschülerInnen im Lehrsaal des Vinzenzheimes.
© AZW Archiv
Der stetig zunehmende Bedarf an Pflegepersonal und die fortschreitende Spezialisierung des Pflegeberufs verlangen aber auch immer stärker nach einer modernen Ausbildungsstätte. Zwei Jahrzehnte nach der Wiederaufnahme des Schulbetriebes im Vinzenzheim ist der Alltag an der Krankenpflegeschule geprägt von sich immer stärker bemerkbar machendem Platzmangel.
Wie wird sich die Krankenpflegeausbildung in Innsbruck angesichts der räumlichen Situation weiterentwickeln? Lesen Sie mehr dazu im nächsten Kapitel “Eine moderne Heimat entsteht”.